Viszerale Osteopathie.



Die viszerale Osteopathie rückt die Organbehandlung in den Mittelpunkt, umgreift von den Organen her alle Bereiche der Osteopathie,
denn jedes Organ hat in dem beweglichen, flüssigen menschlichen System seinen Platz.


Falls Sie müde sind, es gilt wieder: brechen Sie das Lesen hier ab.
Sie haben das Grundprinzip der viszeralen Osteopathie ja verstanden.
Aber etwas weiter zu lesen, lohnt sich vielleicht!

Meine eigene Quelle für dieses Kapitel:
dtv-Atlas der Anatomie - Innere Organe Band 2, Thieme und Deutscher Taschenbuchverlag, 1984 4. Aufl.,
T. Liem, T. K. Dobler, M. Puylaert (Hrsg), Leitfaden Viszerale Osteopathie, Urban & Fischer 2005

Hohe Bedeutung haben die Gelenksysteme für die Osteopathie, so sei auch in diesem Kapitel nach ihnen gefragt.
Aber wie passt dieser Gedanke, dass die organische Maschine Mensch nicht funktioniert, wenn das Gelenksystem gestört ist,
zur viszeralen Osteopathie, die sich der Organe annimmt?

Niemand hat gehört bis jetzt, dass die Organe in der Bauchhöhle über Gelenke verbunden sind.
Stimmt, aber da ist ein Ersatz, der Gelenk-ähnlich funktioniert.
Das sind die gleitfähigen Oberflächen, die die Organe verbinden und sie gegeneinander beweglich halten und stützen, Herz, Lungen, Magen-Darmtrakt.
Die Organe liegen in serösen Gewebehöhlen, die miteinander Kontakt haben,
als Beispiel werden genannt, die Perikardhöhle (Perikard Herzbeutel), Pleurahöhle (Pleura Brustfell), Peritonealhöhle (Peritoneum Bauchfell).

Merkwürdig, von wo wir kommen:
Brusthöhle, Herzbeutelhöhle, Bauchhöhle entwickeln sich bei uns Säugern aus dem Zölom, der sekundären, embryonalen Leibeshöhle,
einem flüssigkeitsgefüllten Hohlraum, der von einem mesodermalen Epithel umgeben ist
und als Flüssigkeitspolster bei manchen Tieren die Funktion eines Hydroskelettes übernimmt.


Hören Sie nur, was http://de.wikipedia.org/wiki/Hydroskelett erklärt:

"das Hydroskelett ist die phylogenetisch älteste Form des Muskel-Skelett-Systems.
Dabei arbeitet ein Hautmuskelschlauch gegen ein nichtkomprimierbares Flüssigkeitspolster.
Die Funktionsweise ist mit einem Hydrauliksystem vergleichbar".

So sind die Gleitflächen zwischen den Organen keine Skelett Gelenke im üblichen Sinn
sondern Beispiele einer uralten Form von Muskel-Skelett.

Die serösen Häute der Pleura-, Perikard- und Peritonealhöhle liegen auf ihren Organen mit dem viszeralen Blatt, das eine bestimmte Flüssigkeit enthält, sodass die Haut nicht klebt auf dem Organ sondern geschmeidig bleibt.
Die Wand der serösen Höhle wird mit dem parietalen Blatt (paries ist die Wand) überzogen. Sie ist beim Perikard zum Beispiel derb, aus Kollagenfasern gebaut,
eingeschränkt beweglich, schützt das Herz vor Überdehnung.
Diese Höhlenhaut hat doppelte Funktion, sie vermittelt Beweglichkeit und Stabilität, das sollte uns bewusst sein.

Quelle dazu wie für das Folgende: dtv-Atlas der Anatomie, Innere Organe, Band 2 (Thieme Verlag und Deutscher Taschenbuch Verlag, 1986)

Weitere Beispiele für die Beweglichkeit eines Organs gegenüber seinem Umfeld:

das Ovarium (Eierstock), das Ovarium
ist in seiner Lage im Bauchraum der Frau stabilisiert durch bestimmte Ligamente, Bindegewebestrukturen,
die das Ovarium schräg am Eingang zum kleinen Becken aufhängen.

Der Uterus wird gehalten durch die "Retinacula" im Zervixbereich (Gebärmutterhals).
Was sind Retinacula?
Retinacula sind kollagene Bindegewebszüge.
So zieht das lig. pubovesicale zum Schambein - verhindert Senkung des Harnblase und der vorderen Scheidewand.
Das lig. cardinale läuft zur seitlichen Wand des kleinen Beckens, zum Kreuzbein der musculus rectouterinus.
Auch hier Stabilität und Beweglichkeit.
Der Halteapparat des Uterus erlaubt die nötige physiologische Beweglichkeit:
der Uterus wird bei Harnblasenfüllung, Darmfüllung, jeweils allein oder zusammen vorkommend, in seiner Lage verändert, aufgerichtet, nach vorne gedrängt, gehoben.
Es wird deutlich, Organe wirken aufeinander, das Zusammenspiel darf an keiner Stelle gestört sein, um reibungslos ablaufen zu können.

Es ist mit diesen knappen, vereinfachten Gedanken ausdrücklich die Betonung gelegt auf die gelenkigartige Verbindung zwischen den Organen.
Gleitfähige Oberflächen übernehmen die Funktionen von Gelenken zwischen Organen.

Die Muskelkräfte innerhalb jeden Organs sind damit nicht angesprochen.


Die Organe bewegen sich gegeneinander nicht durch Muskelkräfte.
Das Zwerchfell ist eine Ausnahme, es bestimmt sein Verhältnis zu den Organen beim Ein-und Ausatmen durch Muskelkraft.

Die Stabilität dieses Bewegungssystems im Bauchraum ist erstaunlich.
Die Organe rutschen im Bauchraum nicht hin und her an ihren Bindegewebshalterungen!
Wieso nicht? Hier wird lediglich ein Hinweis auf das erstaunliche Phänomen gegeben:
ein ausgeglichener, intrakavitärer Druck zwischen den Organen ist dafür zuständig.
Der normale Druckgradient zwischen Thorax mit fallendem Druck, und Abdomen mit steigendem Druck führt zu etwas wie einem Aufeinanderzu der Organe;
es besteht eine Art Anziehungseffekt zwischen den Organen, der das Gewicht der Organe verringert.
Durch Veränderung des Druckgradienten bei der Atmung kommt ein Ansauge Effekt zustande, der venöse und lymphatische Flüssigkeitsdynamik verbessert.
Da ist noch etwas: der Turgor, der Spannungszustand im Gewebe durch den Flüssigkeitsgehalt stabilisiert ebenfalls.

Wir sind, wenn alles glatt läuft, ein bewegliches, gut ausbalanciertes System, das aber so hoch empfindlich, dass es leicht störbar ist.


Die Bewegungsmöglichkeit der Organe lässt sich genauer beschreiben, dadurch wird uns klar, wie sie zu schützen ist:
es lassen sich extrinsische und intrinsische, äußere und innere Beweglichkeit erkennen, Mobilität und Motilität .

Als Grundlage für die Klärung der Begriffe Mobilität und Motilität nehme ich die Arbeit
von Liem, Dobler, Puylaert, "Leitfaden Viszerale Osteopathie", (Urban und Fischer, 2005 ).

Liem unterscheidet zunächst genauer passive und aktive Mobilität.


Passive Mobilität wird bestimmt durch die Körperhaltung, Körperbewegungen, Muskeltonus.
Die räumlichen Verhältnisse der Organe zueinander können dadurch verändert werden.

Aktive Mobilität der Organe ist durch die Zwerchfellbewegung im Atmen bestimmt.

Beide Formen der Mobilität weisen, selbst wenn man nicht viel nachdenkt, auf die Variationsmöglichkeiten der Bewegung zwischen den Organen in der Körperhöhle hin.
Mobiltät kann die Funktion der Organe stützen, eine falsche kann sie stören.

Was ist Motilität?
Der Bergriff bezieht sich auf Formveränderungen der Organe durch Organgesetzmäßigkeiten,
durch zum Beispiel periodische Veränderungen im Tonus der glatten Muskulatur, die durch die Aktivitäten des autonomen Nervensystems zustande kommen,
durch die Regelung des Herzschlags, die Peristaltik (fortschreitende Bewegung in den Hohlorganen, Regenwurm-Phänomen),
die Muskelbewegungen innerhalb der Organe.
Einfacher gesagt: Motilität bezieht sich auf Bewegungen des Organs in sich selbst.
Formveränderung durch Motilität meint also nicht eine Veränderung in den räumlichen Verhältnissen.

Mobilität und Motilität funktionieren optimal, wenn beide Systemweisen gesund funktionieren,
gestörte Mobilität wird die Motilität stören, das Umgekehrte gilt auch.



In der beweglichen Struktur der Körperorgane zueinander liegt der Hinweis, dass sie gestört sein kann.
Diese Störung hat im Verlauf der Entwicklung der osteopathischen Methode verschiedene Benennungen erhalten.
Sie wird "osteopathische Läsion" 1905 genannt, "somatische Dysfunktion" ab 1973, seit 2003 "viszerale Dysfunktion".
Es liegt der Hinweis in der Folge der Bezeichnungen, dass Mobilität und Motilität beim Versuch, sie wieder in gesundes Funktionieren zu führen, nie für sich allein behandelt werden dürfen,
"sondern im Zusammenhang auch mit den zugehörigen faszialen, neurologischen, vaskulären, skeletalen und lymphatischen Elemente", betonen Liem, Dobler, Puylaert in Leitfaden der Viszeralen Osteopathie, Urban und Fischer, 2005, so einen Grundsatz der SKOM aufgreifend und zum Zentrum der Arbeit machend.

Als Untermauerung für dieses Gesamtbild der Organzusammenhänge wird gern auf die Embryologie verwiesen:
aus einem der drei Keimblätter, dem Mesoderm haben sich entwickelt: Skelett, Bindegewebe, Muskeln, Urogenitaltrakt, Milz, Blutgefäße, Herz, Blutzellen.
Der gemeinsame Ursprung von Systemen in einem Keimblatt wird vom Osteopathen als lebenslange Verbindung nicht nur gesehen,
sondern in der Arbeit mit dem erwachsenen System lebendig gehalten.

Wenn dem so ist: was hat es mit der intrinsischen Motilität, mit der Fähigkeit des Organs, sich in sich zu verändern, auf sich?
Die Forschung zu diesem Thema ist erst am Beginn.
Bewegungsrichtung der Organe während der Embryologie sind jedoch Wegweiser für Bewegungsrichtung des gereiften Organs.
Der Osteopath, der die intrinsische Bewegungsrichtung eines Bauchorgans ertasten und beeinflussen will,
muss die in dem Verlauf der Embryologie angelegte Neigung des Organs, sich zu bewegen, kennen.
Zu einem späteren Zeitpunkt wird genau diese faszinierende Tatsache in dieser Homepage näher aufgegriffen werden.


Im folgenden Abschnitt werden zwei Gesichtspunkte zur typischen Behandlung der Viszera aufgegriffen:

1. die Behandlung über die Gleitflächen zwischen den Organen und

2. die Behandlung aufgescheuchter Nozizeptoren, die kriminalistische Begabung vom Therapeuten erfordert.


Zu 1. Der Therapeut nutzt die Kenntnisse der Gleitflächen zwischen den Organen, das Wissen über Motilität,
passive und aktive Mobilität in osteopathisch ganzheitlicher Weise aus.

Die gestörten Organe kommen nicht als getrennte Einheiten auf den Osteopathen zu, "ich hab´s am Magen", "ich habe zu hohen Blutdruck".
Jedes Organ bildet mit dem gesamten System eine Einheit.
Der viszerale Osteopath geht allen Hinweisen aus der komplexen organischen Maschine nach,
begegnet er auch Geist und Seele, die aus dem Hintergrund das System manövrieren.

anzufangen hat er jedoch mit der Kenntnis, dass der Mensch zur Selbstregulierung und Selbstheilung fähig ist, das System auf Homöostase ausgerichtet ist.
Will der Osteopath diese Prozesse unterstützen, muss er sie kennen, auch in welcher Weise sie entgleisen können.

Dies wissend kann sich der Osteopath Körperfunktionen zuwenden, wie sie Liem aufgezählt hat im "Leitfaden Viszerale Osteopathie":
"Haltung und Körperbewegung, Kreislauf, Atmung, Verdauung, Metabolismus und Energiegleichgewicht, Regulation des Flüssigkeits- und Elektrolytgleichgewichts, Schutzmechanismen, Sinneswahnehmung, Fortpflanzung, Bewusstsein, Verhalten".
Die Analyse dieser Funktionen bieten dem kompetenten Osteopathen Schlüsselhinweise, wie es um den Patienten steht.
Der Therapeut ertastet erkennend Dysfunktionen, die er auflösen kann.

Damit kann der Therapeut, wenn es gut läuft, und der Patient die Anregung der Hände des Therapeuten aufgreift, Schmerz lindern.
Die Gleitfähigkeit zwischen den Organen, sowie die Stabilität der Organstrukturen kann erhöht werden. Die Organe werden dadurch besser funktionieren.
Sauerstoff- und Blutversorgung werden verbessert bis auf die Zellebene. Die Blut-und Nährstoffversorgung in den betroffenen Bereichen kann sich erhöhen.

Das Lymphsystem wird entlastet von Stauungen.
Die Mitwirkung des Sympathikus, wenn bei Dysfunktionen gesehen, kann normalisiert werden.
Die Neigung des autonomen Nervensystems, Stress aufzubauen, wird reguliert, wobei im besonderen Maß die Mitarbeit des Patienten gefordert.


Zu 2. Kriminalistische Begabung ist gefordert,
wenn der viszerale Osteopath sich der peripheren und zentralen Sensibilisierung gegenüber sieht,
Schmerzen, die als Reflexe daher kommen, rätselhaft sind.

Das Geheimnis der Reflexe muss verstanden werden, da sie manchmal teuflische, seltsam ganzheitliche Brüder sein können für den Osteopathen:
da tut was weh, was gar nicht mehr da ist.
Wenn´s ein verlorener Fuß ist, ist es schnell zu durchschauen, es geht um einen Phantomschmerz, aber es kann auch Anderes sein.

Grundsätzlich gefragt: was ist ein Reflex?
Wir kennen alle 2, den Eigenreflex oder Streckreflex und den Fluchtreflex.
Wie die verlaufen?
Denken Sie an das Hämmerchen des Arztes, das Ihre Kniescheibe trifft, oder, was Sie machen, wenn Ihre Hand zufällig auf die heiße Herdplatte kommt.
In beiden Fällen schicken die afferenten, sensiblen Fasern aus dem Hinterhorn direkt Informationen zum Vorderhorn des Rückenmarks,
wo die Botschaft, ruck zuck, in eine Bewegung umgesetzt wird: Kicken oder Wegziehen.

(*Was das mit unseren Hinter- und Vorderhörnern auf sich hat, dazu sehen Sie bitte nach am Ende dieses Abschnittes.)

Es kann aber auch Anderes passieren: über die afferenten Fasern des Hinterhorns leiten Fasern,
die in den Spinalganglien des Hinterhorns ihren Ursprung nehmen, über alle Wirbelsäulensegmente mit dem ganzen Körper in Verbindung stehen,
aufwärts Erregungen zum Gehirn weiter, was die Botschaft verarbeitet und das raffiniert, oft den ganzen Lebensbetrieb störend.
Je nachdem wie oft sich überlagernde Informationen vom Gehirn interpretieren lassen, werden Hautsignale, Schmerzen, Störungen erscheinen,
die Quelle dazu aber kann tief im Körper in einem bestimmten Organ liegen.
Der, der das zu erleiden hat, ist verwirrt, klagt vielleicht bei leiser Berührung der Haut schon, der angeblich gar nichts fehlt.

Der Therapeut kann das Informationschaos lösen über die Behandlung der betroffenen Wirbelsäulenbereiche, der fazilierten Segmente.

Der tastende Therapeut identifiziert im fazilitierten Segment Veränderungen:
die Stelle fühlt sich warm an, schwitzt manchmal. Die Bewegung ist in bestimmter Weise eingeschränkt.
Der Therapeut erkennt die periphere Sensibilisierung.

Mit dieser Lokalisierung nicht genug: das fazilitierte Segment im Rückenmark reagiert auf Stress.
Der Sympathikus, mischt sich ein, reagiert mit ständiger Habachtstellung.
Die Erregungsschwelle der Neuronen der fazilitierten Segmente ist erniedrigt.
Sie reagieren schnell auch auf Ungefährliches, selbst auf Infos, die eigentlich unbeachtet bleiben sollten, keine Reaktion auslösen sollten.

Es bleibt dann nicht bei der peripheren Sensibilisierung über bestimmte afferente Fasern im Rückenmark.
Es kommt zur zentralen Sensibilisierung durch Summation der Erregungen, dem Wind-up-Phänomen.

Wie läuft das?
Zusätzliche Neuronen im Hinterhorn werden aktiviert, die wide dynamic range Neuronen.

Für Ausdehnung der üblen Effekte ist so gesorgt über die neuronale Plastizität,
die Beweglichkeit der Neuronen, ihre Fähigkeit, verändert zu reagieren, die durch die Nozizeptoren (freie Nervenendigungen) ermöglicht wird.

Die Aktivität der Nozizeptoren macht es oft schwer, auf eine periphere Sensibilisierung von viszeralem oder somatischem Gewebe zu reagieren,
da diese Aktivität die normale Inhibition der beteiligten Neurone verhindern kann.

Die NOZIZEPTOREN sind es, die das normale Abstoppen der Weiterleitung ungefährlicher Reize unmöglich machen durch unerwünschtes Reagieren.

Dann wird Ungefährliches wie höchst Schädliches gehandelt.

Normalerweise können periphere Nozizeptoren, die auf chemische, mechanische, thermale Stimulation reagieren, zwischen schädlichen und ungefährlichen Infos unterscheiden.
Die Reizschwelle der Nozizeptoren ist normal hoch. Sie reagieren nur auf Schädliches.
Chemische Stoffe jedoch, die nach einer Gewebeschädigung freigesetzt werden, können die Reizschwelle herabsetzen,
wodurch Harmloses die Nozizeptoren zum Aufschrei bringt, dauerhaft, wenn es schlecht läuft.

Was es genau mit dieser Gewebeschädigung, die die gesunde Reaktion der Nozizeptoren stört, auf sich hat, wird hier im Moment nicht näher gefragt.
Ihre Klärung scheint aber höchst wichtig.
Den Grund der Gewebeschädigung zu kennen, würde bedeuten, die Nozizeptoren vor irrtümlichem Reagieren schützen zu können,
den Patienten vor zukünftigen Quälereien bewahren zu können.
Die Klärung der Frage wird später auf dieser Homepage weiter geführt.

Jetzt ist lediglich zu sehen:
in die Fehlleistung der Nozizeptoren ist das ZNS verwickelt über entzündliche Mediatoren, deren Input aus dem Rückenmark aus bestimmten,
den C-Fasern, die Reaktionsbereitschaft der Nozizeptoren bei weiteren Inputs erhöht, die zentrale Sensibilisierung ist da.


Was hat es mit dem nozizeptiven System genauer auf sich?

Zunächst sei darauf hingewiesen, wo Nozizeptoren zu finden sind:
die ganze Haut des Menschen ist mit ihnen besetzt, sie liegen in Muskeln, Sehnen, Gelenken, der Knochenhaut,
in den Wänden von Organen, den Wänden von Hohlorganen,
gereizt, ermöglichen sie nach Weiterleitung ins Gehirn alle typischen Schmerzen.
Aber wie?

Ausgelöst wird die noxische Reaktion durch Veränderungen in der Zellmembran, deren Aktivitäten für die Weiterleitung von Informationen verantwortlich ist.

Bestimmte Reize öffnen einen Kationenkanal in der Zellmembran,
bitte schlucken Sie das unerklärt, Depolarisierung findet statt, ein Aktionspotential ist die Antwort, das eine Reaktion Ihnen, dem Patienten, ermöglicht.
Vielleicht hilft zum Verdeutlichen Folgendes: verfolgen Sie, was passiert, wenn sie auf eine Chilischote beißen:
es brennt, die Chilischote enthält nämlich Caosaicin, das bindet sich beim Reinbeißen an ein Molekül der Zellmembran, einen Rezeptor, den Vanilloid-1-Rezeptor,
es kommt zur erwähnten Depolarisierung, sie spüren, was los ist, es brennt gewaltig!
Der Chilieffekt "Brennen" passiert auch bei tatsächlicher Hitzeinwirkung über 50 Grad C!!
(Die Chili Geschichte steht in Neuro- und Sinnesphysiologie von Schmidt und Schaible, 5. Aufl. 2006, S. 232)


Festzuhalten ist: die Nozizeptoren sind im gesunden Gewebe nur durch intensive Reize erregbar,
sie sind hochschwellige Rezeptoren.
Niedrigschwellige Rezeptoren reagieren auf nichttoxische Einflüsse, Berührung, Wärme, Kälte.


In den Hinterwurzelganglien sind die Aktivitäten der Nozizeptoren messbar, so weiß man über sie Bescheid.
Es wird klarer:
da das rezeptive Feld eines Rückenmarkneurons größer ist als das rezeptive Feld eines einzelnen Nozizeptors,
strömen Reaktionen von diversen Nozizeptoren in Hinterhornbereiche.

Nozizeptoren aus tieferem Gewebe, aus Gelenken und Muskeln enden synaptisch an Rückenmarksnerven, die auch Informationen von Hautnozizeptoren bekommen.
Andere Rückenmarkszellen erhalten nur Einstrom von Gelenken und Muskeln.
Rückenmarksnerven, die von den Viszera Einströme bekommen, erhalten auch Infos von Haut- und tiefer liegenden Nozizeptoren.

Das ist merkwürdig:
Hautnozizeptoren erscheinen zusammen mit Gelenk- Muskulatur- und viszeralen Nozizeptoren, laufen durch mehrere Rückenmarkssegmente, melden dem Gehirn SOS.
Liegen Nozizeptoren von Haut und Muskeln und inneren Organen dicht zusammen,
reagiert oft nicht nur der für die Auslösung des Schmerzes verantwortliche Nozizeptor, sondern der dicht dabei liegende, der Hautnozizeptor ebenfalls.
Sie haben damit die Erklärung für die sogenannten Headschen Zonen.


Folgen noxische Reize im Rückenmark schnell hintereinander, verstärkt sich die Reaktion der Neuronen von Mal zu Mal.
Der bewusste Schmerz, der durch die Weiterleitung der Infos der Rückenmarksneurone ins Gehirn, in Thalamus- und Cortexbereiche, möglich wird,
wird immer größer.

Es ist wahrscheinlich, dass das autonome System, der Sympatikus, vielleicht auch der Vagus die Reaktionen der Nozizeptoren verstärken,
die Falschmeldungen verstärken, gerade durch ununterbrochene Versuche, sie zu dämpfen.
Der Sympathikus ist in den postganglionären Fasern noradrenerg, der wichtigste noradrenerge Nucleus im Gehirn ist der Locus coeruleus, ein Schmerzdämpfer.
Die osteopathische Behandlung versucht, den abnormalen afferenten Input in den LC vom Sympathicus zum Beispiel zu drosseln,
den Sympathicus zu beruhigen, zu dämpfen in seiner Aktivität.
Die vom Hirnstamm absteigenden Fasern sind eigentlich fähig, durch inhibitorische Transmitter endogene Opioide Richtung Rückenmarksneurone zu schicken;
durch die rasende Reaktion der Nozizeptoren ist das System überfordert. Es funktioniert nicht mehr wie angelegt.
werden aber oft nicht Herr der Lage bei wild gewordenen Nozizeptoren.

Ob die Behandlung durch den Therapeuten bei dieser gewaltigen Nozizeptor Aufregung - die ja auch ganzheitliche Züge trägt - fehlgeleitete - überhaupt etwas bringt?
Sicher: wenn es dem Therapeuten durch langsame Arbeit gelingt, die Quelle der grundlegenden Gewebeschädigung,
die das Nozizeptoren System krank macht, die verborgen im System liegen kann, zu erreichen, sie auszuschalten.
Vielleicht lässt sich auch durch bestimmte Berührungstechniken über die Haut, von Außen her also, das Schmerzgeschrei der Nozizeptoren dämpfen, einschläfern.
Sie sehen, das Agieren der Nozizeptoren, auch wenn es schmerzhaft fehl geleitet, ist ein herrlicher Beweis für den Osteopathen,
dass es nur ein ganzheitliches System Mensch gibt.

* Nachtrag zu Rückenmark, Hinterhörner, Vorderhörner, Seitenhörner:
Wir haben tatsächlich in unserem Zentrum Strukturen mit 4 oder 6 Hörnern! Der Lebensstier sitzt unbemerkt in uns!
Die Hinterhörner sind die Stellen im Rückenmark, die für den Eingang sensitiver Informationen und deren Weiterleitung zuständig sind.
Die Vorderhörner sind die motorischen Zentralen, die Schaltstellen für die Aktivierung von Nerven und Muskeln.
Die Seitenhörner haben es vor allem mit der Verarbeitung von Infos des autonomen Nervensystems zu tun.
Das ist ein ganz und gar oberflächlicher Hinweis, ein frecher, erlauben und verzeihen Sie ihn, bitte.


Zur Art der Behandlung im viszeralen wie in den anderen osteopathischen Bereichen, zu Arbeitsmodellen und Techniken sehen Sie bitte wieder die einführenden Bemerkungen weiter
über Link : Nachtrag